Der Kleine Süden

In den letzten zwei Wochen hatte ich gleich zwei Mal das Vergnügen mich auf eine jeweils 12 stündige Busfahrt in den sogenannten „Sur Chico“ (den Kleinen Süden) auf zu machen. Bevor ich euch berichte warum ich gleich zwei mal da war, zunächst mal eine kleine Info darüber, was der Sur Chico überhaupt ist, beziehungsweise wo in Chile er gelegen ist: Das Gebiet, das auch als chilenische Schweiz bezeichnet wird erstreckt sich in etwa von den zwei Städten Temuco im Norden bis nach Puerto Montt im Süden. In Valparaíso schwärmen stets alle von „dem Süden“, was auch durchaus berechtigt ist, den seine Natur hat mit schneebedeckten Vulkanen, unzähligen Wasserfällen und dicht bewachsenen Urwäldern einiges zu bieten.

Sur Chico #1: ENALI

Die erste große Reise beginnt: Gemeinsam mit den Teenagern unserer Jugendgruppe, den Lideres (das kann man auf deutsch so in etwa mit „Jugendleiter“ übersetzen) machten wir uns am Mittwoch den 26 November nach Santiago auf, um dort eine Nacht im YMCA Haus zu schlafen und am nächsten Morgen den Bus nach Temuco zu nehmen. Dort erwarteten uns bereits einige Jugendliche des örtlichen YMCAs und nach einer weiteren Nacht im YMCA Haus hat uns dann unser Bus nach Licanray, zu unserem eigentlichen Zielort gebracht (endlich, nach fast zweieinhalb Tagen Reise). Dort sollte nämlich das jährliche ENALI=Encuentro Nacional De LIderes (dt. Nationales Treffen der Lideres) stattfinden. Dieses wird jedes Jahr von einem anderen YMCA Chiles ausgerichtet und es treffen sich alle Jugendgruppen der insgesamt fünf nationalen Guays.

Licanray ist ein kleiner Urlaubsort, der am See Calafquén etwa 100 km südöstlich von Temuco gelegen ist. Besonders schön ist der schwarze Badestrand, den wir zwar besuchten, gebadet haben wir aber leider nicht.

Auch wenn ich eigentlich ein Fan von verrückten Aktionen bin waren mir 15° Außen- und -ich will nicht wissen welche Wassertemperatur dann doch noch etwas zu kalt.

Trotzdem hatten wir am ersten Tag eigentlich noch Glück mit dem Wetter, denn Samstag und Sonntag war dann komplett verregnet und noch mal um einiges kälter. Da habe ich das milde maritime Wetter Valparaísos schon ziemlich vermisst muss ich sagen. Der Regen brauchte uns jedoch eigentlich

auch gar nichts aus zu machen, denn wir waren sowieso den Großteil unseres Aufenthalts in kuschelig beheizten Seminarräumen. Dort durften wir in drei Gruppen aufgeteilt an verschiedenen Workshops z.B. über Integration oder Gestaltung der neuen Agenda der nationalen Lideresbewegung teilnehmen.

Am besten hat mir jedoch der Workshop zum Thema „Spiel“ gefallen. Es gab eine kleine Meditation in der wir uns an unsere Kindheit und an all die Spiele mit unseren Freunden erinnern sollten. Es war so schön daran zurück zu denken wie ich mit meinen Sandkastenfreundinnen „Germanys next Sandhaus“ gespielt habe, oder einfach mit meinen Nachbarinnen ins „Gebüsch“ abgehauen bin, um dort Matschkuchen zu backen und diese gegen verlassene Schneckenhäuser zu verkaufen. Die Quintessenz des Workshops war schließlich, dass man nie zu alt ist zu spielen und sich nicht zu oft an das Gefühl zurückerinnern kann, ein sorgenloses Kind zu sein. Eine schöne Message finde ich.

In sich gehen bei der Meditation


Die Zeit auf dem Treffen ging so schnell vorbei und so war am Samstag auch schon der Abschlussabend angesagt, der recht ähnlich zu deutschen Freizeiten und ziemlich lustig war. Es gab verschiedene Rubriken in denen man Gruppenweise teilnahm. Zum Beispiel Rollentausch, die beste Imitation eines Mitarbeiters oder der größte Hipster. Zum Schluss fand - typisch südamerikanisch- noch ein Bailetón statt, in dem sich etwa 15 Tanzpaare zusammenfanden und um die Wette tanzten. Ich weiß nicht, ob ich das bereits erwähnt habe, aber es ist wirklich überraschend wie viel mehr hier –vor allem unter den Jugendlichen- getanzt wird. Da können wir als deutsche Volontäre noch nicht mithalten, aber genau deswegen hoffe ich auch darauf, dass meine Tanzfähigkeiten sich nach meiner Zeit in Chile um einiges verbessern werden :D.

Am Sonntagmorgen machten wir uns dann schon wieder auf die lange und abenteuerliche Rückreise, bei der Fabienne und ich fast nachts um 11, ohne Geld und allein in Santiago zurückbleiben mussten, weil wir kurzfristig den Bus wechseln mussten und den anderen dann verpasst haben. Nach einer aufregenden Fahrt in der Metro haben wir unseren Bus dann aber doch noch erwischt und sind um 2 Uhr nachts dann endlich daheim angekommen.

Sur Chico #2: Mini Vacaciones

Letze Woche durfte ich mir meine ersten drei Tage Vacaciones (dt. Urlaub), nehmen um mit einem Bekannten aus Deutschland noch einmal genau in die selbe Region zu fahren. Jetzt fragt ihr euch bestimmt, wie man auf die Idee kommt eine Woche später fast an den gleichen Ort zurückzukehren. Da ich vorher aber ja nur mit der Arbeit und bei schrecklichem Wetter dort war, hat es sich aber definitiv gelohnt! Als ich nach einer deutlich angenehmeren Nachtfahrt in Pucón, einem Touristenort direkt neben Licanray angekommen bin, hat es zwar leider schon wieder geregnet.

Deshalb sind wir aber kurzerhand in die natürlichen Thermen, die „Termas Geometricas“ gegangen. In 20 verschiedenen wunderbar warmen Becken, die zwischen steilen, grün bewachsenen Bergwänden eingebettet sind, hat der Regen dann auch gar nichts ausgemacht und ich konnte mich mal richtig entspannen.

Die kommenden Tage hatten wir dann aber das Glück, dass sich das Wetter verbessert hat, sonst wären unsere Outdooraktivitäten wahrscheinlich nur halb so schön gewesen. Auf unserem Plan stand nämlich der Besuch des Nationalparks Huerquehue in dem wir uns auf eine siebenstündige Wanderung gemacht haben. Eine Besonderheit des Parks sind seine geschützten Araukarien. Diese Urbäume kommen so nur in dieser Region Chiles und Argentiniens vor, sie können über 80 Meter hoch werden und ihre Kronen sehen irgendwie aus wie falschherum gewachsene Tannenbäume. Unser Weg führte uns stets bergauf durch Bambushaine, vorbei an Wasserfällen und schließlich auch durch Schneefelder bis hin zu einer wunderschönen Seengruppe. Im stillen Wasser hat sich die Natur ringsherum so faszinierend exakt gespiegelt, dass man einige Zeit dort verbringen und einfach nur die Umgebung bewundern konnte.

Genauso schön ging es dann auch bei unserer Fahrradtour am nächsten Tag weiter.Unser erstes Ziel waren die „Ojos de Caburga“, vier Wasserfälle die in ein türkisfarbenes Flussbecken stürzen. Von dort aus haben wir auf kleinen Pfaden, die sich zwischen den moosbedeckten Steinen hindurchschlängelten den Wald erkundet, der mich auch total an einen unberührten Urwald erinnert und wirklich fasziniert hat. Unser zweiter Stopp war dann noch der Wasserfall „Salto Claro“, der 48m in die Tiefe stürzt, wobei mich der Blick von oben in den Abgrund und die Kraft mit der die Wassermassen unten am Boden aufprallen am meisten beeindruckt haben.  

Diese Erlebnisse wurden aber vorigen Mittwoch, meinem letzten Tag in Pucón noch einmal übertroffen. Frühs um 6:30 ging es nämlich los zu meinem bisher größten Abenteuer: der Besteigung des aktiven Vulkans Villarrica. Komplett ausgestattet mit Spikes für den Schnee, Eispickel, Helm und Gasmaske für den Krater haben wir uns mit unserem Guide Claudio auf den sechsstündigen Aufstieg begeben.

Umso weiter wir durch die wunderschöne Schnee- und Eislandschaft wanderten, desto schöner wurde die Aussicht auf die umliegenden Seen, Gebirge und den Wolkenlosen Himmel.

Auch wenn mich der Aufstieg bis zum Krater bereits total begeistert hat muss ich sagen war der Blick in den Krater das faszinierendste was ich je gesehen hab. Ich fand es einfach total irreal in den Krater eines aktiven Vulkans sehen zu können in dem es nur so raucht und zischt. Außerdem hatte ich sogar das Glück einen Blick auf die Lava im inneren zu erhaschen, das hat mich wirklich beeindruckt. Der „Abstieg“ war dann auch noch mal ein Erlebnis für sich: Auf Poporutschern haben wir uns auf den Weg hinunter ins Tal gemacht und hatten einen Riesenspaß.

 

So ging dann auch der letzte Tag zu Ende und ich habe mich mit entsprechender Müdigkeit, aber bereits mit Vorfreude in den Nachtbus zurück nach Valparaiso begeben. Am Donnerstagmorgen bin ich dann gut ausgeruht (in chilenischen Fernbussen kann man wirklich super schlafen) zuhause angekommen und die Arbeit ging direkt weiter mit unserem wöchentlichen Mitarbeiterkreis, der mir wirklich viel Spaß macht.