Bereits die Fahrt zu unserem ersten chilenischen Campamento (auf deutsch kann man das Wort hier in etwa mit Freizeit übersetzen) war ein Abenteuer für sich. Am Freitagabend dem 17.09 haben wir und die 35 Teilnehmer uns in einer Micro (Kleinbus) nach Colliguay aufgemacht, ein Dorf, das etwa zwei Fahrtstunden nordöstlich von Valparaíso im Landesinneren liegt. Das Problem war nur, dass wir etwa zu vierzigst in einer Micro für 30 Personen fahren mussten. Dementsprechend war der ganze Bus vollgestopft mit Gepäck und zehn Personen mussten kurzerhand die Stehplätze einnehmen. Sicherheitstechnisch nicht gaaanz unbedenklich aber angeschnallt hat sich sowieso auch niemand, also was solls :D. Die Stimmung ließ sich davon jedoch überhaupt nicht trüben. So wurde die komplette Fahrt über lauthals gesungen und von „Sprech/- Schreispielen“, über die Nationalhymne bis hin zu Reagetton alles mal angestimmt. Ich hätte nicht gedacht, dass man überhaupt die Ausdauer haben kann 2 volle Stunden lang zu singen, aber es war auf jeden Fall eine witzige Fahrt. Das Wochenende bestand dann grob gesagt aus drei Komponenten:
Arbeit.Arbeit.Arbeit. Das Hauptziel des Campamentos war, das Freizeitgelände des YMCA wieder etwas auf Vordermann zu bringen. Dazu wurden im Voraus verschiedene Teams eingeteilt, deren Aufgaben zum Beispiel die Reinigung des Geländes, Gärtnern oder Streichen war. Im Endeffekt haben dann aber einfach alle mehr oder weniger das gemacht wozu sie gerade Lust hatten und so hat die komplette Gruppe mal angefangen die Hütten und den Speisesaal in schönstem Blau zu streichen. Auch wenn die Arbeit echt anstrengend war, hat sie richtig viel Spaß gemacht und ist teilweise sogar zu einer kleinen Farbschlacht ausgeartet. Ach ja apropos Farbe... Am meisten überrascht hat mich auf dem Campamento eigentlich die chilenische Art zu streichen. Als wir die Räume fertig ausgeräumt hatten, dachte ich nämlich wir beginnen zunächst damit alle Leisten und den Boden schön ordentlich abzukleben, so wie man das in Deutschland nun mal macht. Falsch gedacht! 😀 Ohne überhaupt irgendetwas abzukleben wurde direkt drauf los gepinselt und so sammelte sich ein blauer Farbkleks nach dem anderen auf dem Boden. Völlig entsetzt bin ich dann zu Juan gerannt und habe gefragt, warum wir das denn nicht abdecken. Er hat mich nur beruhigt und gemeint die Farbe ist wasserlöslich und kann danach aufgewischt werden...zum Glück. Insgesamt war es auf jeden Fall eine interessante Erfahrung zu beobachten wie hier in Chile gearbeitet wird. Was ich daraus gelernt habe war, dass definitiv nicht immer alles so perfekt sein muss 😀 .
Erst die Arbeit, dann aber auch das Vergnügen! Da es in Colliguay tagsüber wirklich (und endlich mal) richtig heiß wurde, sind wir in unseren Mittagspausen gemeinsam zu einem kleinen Fluss spaziert und wer wollte konnte sich dort im eiskalten Wasser abkühlen. Während mir einmal kurz rein und dann auch schnell wieder raus genügte, haben sich einige an verschiedensten Sprüngen von den Felsen ausprobiert.
Wir Mädels haben dann lieber etwas die Umgebung ausgekundschaftet und sind durch die wunderschöne Natur spaziert.
Den Samstagabend haben wir gemütlich temperamentvoll am Lagerfeuer ausklingen lassen und sogenannte „Recraciones“ gespielt. Das funktioniert wie folgt: alle stehen in einem Kreis und eine bis vier Personen gehen in die Mitte. Diese hüpfen dann meist wie von der Tarantel gestochen im Kreis herum, schreien einen Text vor und machen verschiedene Bewegungen dazu. Alle anderen im Kreis versuchen diese dann so gut wie möglich nach zu machen. Auch wenn so eine Art von Spiel komplett neu für mich war und ich nur einen Bruchteil verstanden habe, hat es trotzdem einen Heidenspaß gemacht und ich war überrascht, dass die Jugendlichen so ein riesiges Repertoire dieser Spiele auf Lager haben.
Natürlich wurde aber auch nicht nur zusammen gespielt, sondern wir haben gemeinsam auch viel gesungen, geredet und Andachten gelauscht. Unter anderem habe ich in Colliguay nämlich auch meine erste Andacht auf Spanisch gehalten. Natürlich war ich richtig aufgeregt davor, aber es hat dann doch alles gut geklappt.
Ach ja wo wir gerade bei Spanisch sind: Ich werde immer wieder mal gefragt wie es denn jetzt mit meinem Spanisch funktioniert, weil ich ja vor drei Monaten noch quasi kein Wort konnte. Ich muss sagen ich tue mich schon viel leichter, bin recht zufrieden und mir macht es super viel Spaß immer wieder neues zu lernen!
Zu unserer Überraschung war die Heimfahrt vom Campamento das komplette Gegenteil der Hinfahrt, denn es war wirklich muxmäuschenstill. Das schöne aber auch anstrengende Wochenende hatte also nicht nur bei mir seine Spuren hinterlassen und ich war wirklich froh im Bus einfach in Ruhe ein bisschen schlafen zu können. Zum Abschluss noch ein kleines Video über das Campamento, das JoJo zusammengestellt hat: